Leseproben:
Eisblumenzeit
...... Langsam spür ich, wie die Kälte in meine Kleidung
kriecht. Lang werde ich nicht mehr malen können, und ich kämpfe bereits
mit dem Eis. Inzwischen wächst in meinem Kasten ein kleiner Gletscher,
der sich über alle Näpfchen legt. Im Wasserbecher schwimmt ein Eisberg,
der immer größer wird. Längst erstarrt ist auch mein Pinsel, hart
gefroren sind alle seine Borsten. Die Eiszeit nimmt Besitz von meinem Malgerät
und verhindert jede weitere Verwendung. Sollte die Natur, die mir beim
Malen gerade noch so wunderbar geholfen hat, jetzt plötzlich nicht mehr
freundschaftlich gesonnen sein? Ich mache eine Schaffenspause und nehme
einen Schluck vom heißen Tee..............
Cinquecento Grazie
........Ich warte bereits unten auf der Straße auf sie. Sie fährt im
Taxi vor, lässt sich vom Fahrer die Tür öffnen und entsteigt dem
Fahrzeug wie eine wahre Dame. Sie trägt ein geblümtes Sommerkleid, einen
eleganten Strohhut und schwingt ein modisches Handtäschchen. Wir
begrüßen uns kurz, und schon öffnet der Taxifahrer den beneidenswert
riesigen Kofferraum seiner Mercedeskarosse. Der Deckel öffnet sich, und
ich erstarre beim Anblick des Inhalts. Ein riesiger Koffer, so groß wie
eine Seemannskiste, lugt da hervor. Daneben noch zwei weitere Taschen und
ein überdimensionales Malbrett mit Mappe und Staffelei zu einem Bündel
geschnürt, das in der Größe dem Koffer in nichts nachsteht. In diesem
Augenblick wird mir klar, das alles wird nicht in meinen Cinquecento
passen, niemals und beim besten Willen nicht...........
Hinweggespült
.....Wieder einmal führen mich meine Maler-Wege auf eine der
griechischen Inseln, diesmal nach Santorini. Bei Rula und ihrem Mann in
Oia finde ich ein nettes Zimmerchen mit Balkon und freiem Blick direkt auf
die zahllosen Häuser, Kapellen, Wege, Terrassen und Mäuerchen, die sich
den Hang hinunterziehen bis ans Meer. Im Dorf herrscht Mittagsruhe, nur ab
und zu ein paar Geräusche. Gerade angekommen, genieße ich von hier oben
erst einmal den großartigen Blick auf das Meer und auf diese Symphonie
aus Weiß und Blau. Welch wunderbare harmonische Ordnung formt sich da aus
Farben und Formen. Jetzt um diese Zeit steht das Licht mit einer solchen
Kraft im Raum, dass man fast nur blinzeln kann. Malen kann man jetzt
nicht, erst spätnachmittags und gegen Abend, wenn das Licht weich und
sanft wird, werden die Farben klar zu sehen sein. Ich entschließe mich,
später die gut 300 Treppenstufen zum kleinen Fischerhafen von Oia hinunterzusteigen
........
Ein neuer Freund
........ bevor wir erfahren sollten, wo es heute hingeht,
musste die notwendige Malkursverwaltungsarbeit erledigt werden. Mit wenig
Begeisterung für diese Tätigkeit nahm Eckhard an einem alten, wackeligen
Tisch Platz, der als Büropult diente. Er kramte nach einem Stempel,
stellte das aktuelle Datum ein, schob noch einen Stapel Papier auf die
Seite und setzte mit der Würde eines Malschuldirektors allen einen
Entwertungsstempel auf die hingehaltenen Rückseiten von Kunstpostkarten.
„Das sind Zehnerkarten und die kommen billiger als Einzelkarten",
erklärte mir einer der erfahrenen Malkollegen. Auch ich nahm eine
Zehnerkarte, durfte mir noch das Motiv aussuchen, bekam den
Entwertungsstempel und als Gültigkeitsbeleg die Signatur des Meisters.
„Wir fahren heut zur Blutenburg!", mit diesem entschlossenen Ausruf
beendete Eckhard seine Bürotätigkeit, und draußen hörte man Lumpi
freudig zustimmend bellen.........
Kleine Inselfluchten
...... in Gedanken saß ich schon malend vor all diesen Motiven
inmitten von Palmenhainen und Bananenplantagen. Ich blickte von den
Steilküsten hinab auf das brandende Meer und sah in geschützten Buchten
schaukelnde rot-blaue Fischerboote zwischen silberblitzenden Wellen.
Fruchtbare Terrassen zogen sich die Hügel hinab, dazwischen weiße
Häuser inmitten üppigster Vegetation. Überall wuchsen Mangos, Papayas,
Bananen, Guaven, Avocados und Orangen. Ich stellte mir vor, wie mich beim
Hinabsteigen all die Düfte dieser Götterfrüchte begleiten würden.
Unten am Felsenstrand angekommen, würde ich mich trotzig gegen den Wind
stemmen, dabei ganz tief diese herrliche Meeresluft einatmen und der Sonne
zusehen, wie sie voller Pracht langsam am Horizont versinkt. Noch bevor
ich je einen Fuß auf diese Inseln gesetzt hatte, war ich bereits in sie
verliebt ........
Im Dachauer Land
........ inzwischen waren wir in der Gegend von Bergkirchen. Es
ging einen kleinen Hügel hinauf und kaum hatten wir die Kuppe erreicht,
tat sich der Blick auf ein kleines Bauerndorf auf. Hans stieß begeistert
einen Schrei aus und ließ vor Aufregung fast das Steuerrad los. Er trat
heftig auf die Bremse und brachte unseren Bus am Rand der Straße zum
Stehen. Im Nu waren wir aus dem Gefährt geklettert und blickten auf eine
ländliche Idylle. Die Häuser des Dorfes duckten sich bescheiden in einer
kleinen Mulde, nur ein stolzer Kirchturm und ein weiß-blauer Maibaum
ragten in die Höhe. Das Dorf war eingerahmt von Büschen und Bäumen,
Wiesen, Feldern und kleinen Bauerngärtchen. Der Anblick war großartig
und entsprach all unseren Erwartungen. Mit leuchtenden Maleraugen blickten
wir uns an, und Uwe brachte mit wenigen Worten auf den Punkt, was unser
aller Wunsch war: "Da bleiben wir - das wird unser Motiv!" .......
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